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Planung und Konzeption

Facility Management: Licht » Grundlagen » Planung und Konzeption

Planung und Konzept für die Beleuchtung

Licht ist weit mehr als nur ein visuelles Medium. Es strukturiert den zirkadianen Rhythmus, beeinflusst Schlaf, Stimmung, kognitive Leistungsfähigkeit und Sicherheit – und wirkt sich somit direkt auf Gesundheit und Produktivität aus. In Industriegesellschaften verbringen Menschen über 90 % ihrer Zeit in Innenräumen, wodurch die Qualität von Tageslicht und künstlichem Licht zu einem zentralen Gestaltungsparameter der gebauten Umwelt wird. Gleichzeitig verändern Digitalisierung, demografische Entwicklungen und der 24/7-Betrieb die Anforderungen an die Lichtplanung: Bildschirmarbeit dominiert, Schichtarbeit ist weit verbreitet, und vulnerable Nutzergruppen (Patienten, ältere Menschen, Kinder) benötigen besonders gut gestaltete Lichtumgebungen. Ein gesundheitsförderndes Lichtkonzept muss daher visuelle, nicht-visuelle und betriebliche Anforderungen integriert berücksichtigen.

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass bestimmte spektrale und zeitliche Lichtdosen – insbesondere melanopische Komponenten – die innere Uhr des Körpers beeinflussen und somit Wachheit, Schlafqualität und Hormonregulation modulieren können. Daraus ergibt sich eine bedeutende Chance: Gebäude, die konsequent auf wissenschaftlich fundierte Lichtqualität ausgelegt sind, können durch intelligente Tageslichtnutzung Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit steigern, Fehler und Unfälle reduzieren, die Regeneration beschleunigen und den Energieverbrauch senken.

Strukturiertes Lichtkonzept für sichere Arbeitsumgebungen

Neubau und Bestandsgebäude: Zwei Ausgangspunkte, ein Ziel

Bei Neubauten lassen sich Tageslichtnutzung, Fassaden- und Raumgeometrie, Materialien, Leuchtenpositionen und Steuerungssysteme von Anfang an in die Planung integrieren. So können optimale vertikale Beleuchtungsstärken am Auge, geeignete Lichtspektren und Blendungsbegrenzung frühzeitig sichergestellt werden. Bestandsgebäude erfordern andere Strategien: Hier dominieren bauliche und elektrische Gegebenheiten (Deckenraster, bestehende Verkabelung, geringe Deckenhöhen), heterogene Nutzerprofile und der laufende Betrieb. Nachrüstlösungen müssen daher robust, skalierbar und zuverlässig sein, minimalinvasive Eingriffe ermöglichen, klare Prüfverfahren aufweisen und den Nutzern überzeugende Vorteile bieten. In beiden Fällen ist die Integration von Tageslicht, Kunstlicht und Steuerungssystemen entscheidend für die zuverlässige Bereitstellung nutzerorientierter Lichtprofile über den gesamten Tag.

Hauptziele:

  • Übersetzung nicht-visueller Lichteffekte in planbare und messbare Zielgrößen (einschließlich vertikaler Beleuchtungsstärke am Auge, melanopischer Reize, Tagesprofile).

  • Gewährleistung von Sehkomfort (Blendungsbegrenzung, Farbwiedergabe, flimmerfreier Betrieb) gemäß den Normen.

  • Praktische Steuerungs- und Integrationskonzepte, die Tageslicht, künstliches Licht und Benutzerinteraktion kombinieren.

  • Reproduzierbare Detektions- und Überwachungsprozesse über den gesamten Lebenszyklus hinweg.

Neubau:

  • Ganzheitliche Tageslichtstrategie (Fassade, Geometrie, Materialien) und frühzeitige Festlegung von Messpunkten für vertikale Elevation.

  • Optimierte Lichtanordnung, Verkabelung und Steuerungsarchitektur (z. B. zoniert, gruppierbar, sensorbasiert).

  • Hoher Gestaltungsspielraum für anpassbare Weißlichtstrategien und adaptive Beschattung.

Nachrüstung (Datei):

  • Den Eingriff so gering wie möglich halten: Bestehende Netze, Routen und Versorgungsleitungen nutzen; bei laufenden Arbeiten schrittweise vorgehen.

  • Auswahl kompatibler Steuerungslösungen (z. B. nachrüstbare Dimm- und Farbkanäle, Sensornachrüstung, gegebenenfalls drahtlose Komponenten).

  • Priorisierung nach Wirkung: schnelle Verbesserungen durch vertikale Beleuchtung des Gesichts, blendfreie Nachtszenen, Tagesprofile mit wenigen, aber robusten Stufen.

  • Klare Prüf- und Abnahmeverfahren trotz heterogener Lagerbestände; Datenspeicherung für Überwachung und Wiederinbetriebnahme.

Hinweis:

Der Leitfaden stellt beide Ansätze dar und zeigt Wege für gemischte Szenarien auf (z. B. vollständig sanierte Bereiche in bestehenden Gebäuden).

Die Wirksamkeit gesundheitsorientierter Beleuchtung hängt vom Kontext und der Nutzung ab. Relevante Parameter:

  • Tageslichtverfügbarkeit: Ausrichtung, Fensterflächen, Beschattung, Reflexionsgrade.

  • Belegungs- und Aktivitätsmuster: Büroarbeitszeiten, Unterrichtsblöcke, Besuche, Schichtmodelle, 24/7-Betrieb.

  • Nutzergruppen und Empfindlichkeiten: Kinder, ältere Menschen, Patienten, Aktivitäten mit hoher Konzentrationsfähigkeit.

  • Tätigkeitsprofil: Bildschirmarbeit, Präzisionsmontage, Wartung, Diagnose, Überwachung.

  • Sicherheits- und Qualitätsanforderungen: Fehlertoleranz, Redundanz, Notbetriebsarten.

Nutzungsprofile strukturieren die täglichen Zielwerte:

  • Aktivitätsprofile tagsüber: Hohe melanopische Stimulation am Morgen/Vormittag, abgeflachte Proportionen am späten Nachmittag, reduzierte Stimulation am Abend.

  • Schichtarbeit: Phasenangepasste Profile für Früh-, Spät- und Nachtschichten mit gezielter Unterstützung der Wachheit und anschließender Schlafhygiene.

  • Empfindliche Nachtsichtbereiche: niedrige Melanopikwerte bei ausreichender Sichtbarkeit, gerichtetes, blendfreies Licht.

Datenquelle:

  • Raumbücher mit Aufgaben- und Benutzerprofilen.

  • Tageslichtanalysen und -simulationen; Messungen vor Ort in bestehenden Gebäuden.

  • Stakeholder-Interviews (Nutzer, Betreuung/Lehre, Produktion, Sicherheit) zur Szenendefinition.

  • Einrichtung von Mess- und Meldepunkten zur späteren Überprüfung.

Nutzungsqualität

Der Leitfaden umfasst Büroarbeitsplätze, Besprechungs- und Lernräume, Patientenzimmer und Pflegebereiche, Untersuchungs- und Behandlungsräume, Produktions- und Montagebereiche, Lagerhallen, Kontrollzentren, Labore und Rechenzentren. Er behandelt Planung, Simulation, Steuerungsstrategien, Inbetriebnahme, Messung, Abnahmeprüfung, Betrieb und Überwachung. Er enthält keine produkt- oder herstellerspezifischen Empfehlungen oder therapeutischen Anwendungen im medizinischen Sinne; Beleuchtung wird als Umweltfaktor mit gesundheitsfördernder Wirkung verstanden, nicht als medizinische Behandlung.

Die Richtlinie bildet somit einen einheitlichen Rahmen, der verschiedene Projektkontexte mit klaren, messbaren Zielen zusammenführt und eine systematische Umsetzung sowohl im Neubau als auch bei der Sanierung ermöglicht.

Licht erfüllt zwei sich ergänzende Rollen:

  • Visueller Effekt: Ermöglicht das Sehen und Erkennen von Kontrasten, Formen und Farben. Wichtige Parameter sind ausreichende Beleuchtungsstärke am Ort der visuellen Aufgabe, eine ausgewogene Leuchtdichteverteilung, geringe Blendung und eine gute Farbwiedergabe.

  • Nicht-visuelle (biologische) Wirkungen: Licht synchronisiert die innere Uhr des Körpers (zirkadianer Rhythmus), beeinflusst die Freisetzung von Melatonin und Cortisol und moduliert akute Wachheit, Stimmung, Pupillengröße und physiologische Prozesse. Diese Wirkungen werden primär durch intrinsisch photosensitive retinale Ganglienzellen (ipRGCs) vermittelt, die das Photopigment Melanopsin enthalten und Signale über den retinohypothalamischen Trakt unter anderem zum Nucleus suprachiasmaticus (SCN) weiterleiten. ipRGCs integrieren Signale von Stäbchen und Zapfen, die jeweils eine eigene Empfindlichkeit gegenüber blauem Licht (ca. 480 nm) aufweisen.

Praktische Konsequenz:

Nicht die horizontale Beleuchtungsstärke am Schreibtisch, sondern die vertikale Beleuchtungsstärke am Auge, ihre spektrale Zusammensetzung und zeitliche Verteilung bestimmen primär die zirkadiane Stimulation.

CIE S 026:2018 und DIN/TS 5031-100 beschreiben fünf spektrale Empfindlichkeitsfunktionen, die sogenannten alpha-optischen Systeme:

  • Melanopisch (ipRGCs/Melanopsin)

  • Rhodopen (Stöcke)

  • Erythropoetische (L-Zapfen)

  • Chloropisch (M-Zapfen)

  • Cyanopisch (S-Zapfen)

Diese Funktionen ermöglichen es, die spektrale Zusammensetzung des Lichts in biologisch relevante „Kanäle“ zu projizieren. Für jeden Kanal können alpha-optische Größen bestimmt werden:

  • Alpha-optische Bestrahlungsstärke: spektral gewichtete Strahlungsmenge am Auge (W/m²).

  • Alpha-optische EDI (Äquivalente Tageslichtbeleuchtungsstärke): die Beleuchtungsstärke des standardisierten Tageslichts D65, die dieselbe alpha-optische Bestrahlungsstärke erzeugen würde. Einheit: Lux (entspricht D65).

  • Alpha-optisches DER (Tageslicht-Effizienzverhältnis): Verhältnis des alpha-optischen EDI zur photopischen Beleuchtungsstärke des beobachteten Lichts. Für den melanopischen Kanal: MDER.

Hinweis:

Der EDI verknüpft die spektrale Realität einer Lichtquelle mit einem praktischen Lux-Äquivalent gemäß D65. Der DER (z. B. MDER) ist dimensionslos und beschreibt, wie „effizient“ eine Lichtquelle einen bestimmten alpha-optischen Effekt pro Lux erzeugt.

Photobiologische Konzepte und Messgrößen

  • Melanopischer EDI (mEDI): Ein Maß für die melanopische Stimulation, ausgedrückt als D65-Äquivalent. Je höher der mEDI-Wert, desto stärker ist der potenzielle zirkadiane und akute Wachheitseffekt, abhängig von Zeitpunkt und Dauer der Exposition.

  • EML (Äquivalente melanopische Lichtstärke): ein historisch weit verbreiteter Parameter, der funktional dem mEDI ähnelt. Aktuelle Standards bevorzugen den mEDI; EML kann mithilfe bekannter Umrechnungsmethoden in mEDI umgerechnet werden, sofern die Referenzdefinitionen konsistent sind.

  • MDER (Melanopisches Tageslichtwirkungsverhältnis): Quotient aus melanopischer Tageslichtintensität (mEDI) und photopischer Beleuchtungsstärke. Beispiel: 500 lx photopische Beleuchtungsstärke mit einem MDER von 0,8 ergeben 400 lx mEDI. Der MDER hängt ausschließlich vom Spektrum ab, nicht von der Helligkeit.

  • Melanopisches Verhältnis (m/p-Verhältnis): Das Verhältnis der melanopischen zur photopischen Lichtstärke einer Lichtquelle, üblicherweise synonym mit dem melanopischen DER. Hilfreich für schnelle Abschätzungen.

  • Vertikale Beleuchtungsstärke am Auge (Ev, Auge): Photopische vertikale Beleuchtungsstärke am Ort der Augen (Hornhautebene) in Blickrichtung. Sie dient als Referenzwert zur Ableitung des mEDI aus der spektralen Zusammensetzung des einfallenden Lichts. Messgeometrie: typischerweise 1,2 m über dem Boden (sitzend) bzw. 1,5 m (stehend), Messkopf vertikal ausgerichtet, Blickrichtung nach vorn.

  • Pupillenreaktion (PIPR, anhaltende PLR): Physiologischer Marker der melanopischen Aktivität; relevanter für die Forschung als für die Projektplanung.

  • Zirkadiane Phasenverschiebung und Melatoninunterdrückung: Eine zeitlich begrenzte Exposition gegenüber ausreichend hohen mEDI-Werten am Morgen beschleunigt die Phasenstabilisierung (Vorphasenzustand), während hohe Melatoninwerte am Abend den Schlafbeginn verzögern können. Daher orientiert sich die Planung an tageszeitlich differenzierten Zielwerten.

Messgeometrien und Bezugsebenen

  • Horizontal vs. vertikal: Während die horizontale Beleuchtungsstärke die visuelle Aufgabe beurteilt, ist die vertikale Beleuchtungsstärke am Auge entscheidend für die biologischen Effekte. Beides muss gleichzeitig nachgewiesen werden (Konformität mit Normen und gesundheitlicher Nutzen).

  • Blickrichtung: Die eV-Messungen am Auge erfolgen in typischen Nutzungsszenarien (z. B. beim Blick auf einen Bildschirm im Büro, auf ein Bett im Patientenzimmer). Abweichungen von der Blickrichtung verändern die gemessene vertikale Beleuchtungsstärke aufgrund der Leuchtengeometrie und der Leuchtdichteverteilung.

  • Räumliche und Tageslichtreferenz: Tageslicht trägt wesentlich zur Sehschärfe des Auges bei. Schattenverhältnisse, Ausrichtung zum Himmel und Jahreszeit müssen bei Simulation und Messung berücksichtigt werden (repräsentative Zeitfenster).

  • Spektrale Messung: Zur Bestimmung des mEDI wird die spektrale Leistungsdichte (SPD) am Messpunkt benötigt. In der Praxis kann dies durch Spektralaufnahmen mit einem kalibrierten Spektroradiometer/Luxmeter oder, bei Systemen mit bekannter SPD, durch Berechnung anhand von Herstellerangaben erfolgen.

Spektrum, CCT und nicht-visuelle Effekte

  • Gleiche Farbtemperatur, unterschiedliche Wirkung: Zwei 4000-K-Lichtquellen können sehr unterschiedliche MDER-Werte aufweisen. Die Farbtemperatur ist daher kein zuverlässiger Indikator für die Wirksamkeit bei Melanopotika.

  • Spektrale Gestaltung: Höhere Anteile im blau-türkisen Bereich (~460–500 nm) erhöhen typischerweise den MDER-Wert und damit den mEDI-Wert pro Lux. Für Abend-/Nachtmodi werden spektrale Leistungsverteilungen mit reduziertem melanopischem Anteil empfohlen.

  • Farbwiedergabe vs. MDER: Hohe MDER-Werte sind mit einer guten Farbwiedergabe vereinbar, erfordern jedoch eine sorgfältige spektrale Balance (insbesondere bei Hauttönen und gesättigten Rottönen, R9).

Nicht-visuelle Effekte sind dosis- und zeitabhängig:

  • Dosis: Produkt aus mEDI und Expositionsdauer (bei Schwellenwert- und Sättigungseffekten). Kurzfristig sehr hohe mEDI-Werte können ähnliche akute Effekte hervorrufen wie eine längere Exposition gegenüber Durchschnittswerten.

  • Zeitpunkt: Morgendliche Exposition gegenüber hohen mEDI-Werten unterstützt die Stabilisierung des zirkadianen Rhythmus und die Wachheit; abendliche Reduzierung der melanopischen Stimulation fördert die Schlafbereitschaft.

  • Kontinuität und Regelmäßigkeit: Regelmäßige Profile sind effektiver als sporadische Spitzenwerte. Steuerungssysteme sollten dies berücksichtigen (z. B. sanfte Rampen, Zeitfenster).

Hinweis:

Daher werden in der Planung Zeitprofile definiert (z. B. hohe mEDI-Werte am Morgen, mittlere Werte am Nachmittag, niedrige Werte am Abend/in der Nacht), die nach Nutzungsart und Schichtmodell differenziert werden.

Abgrenzung, Konformität und praktische Ableitung

  • Normative Grundlage: Für die visuelle Beleuchtung gelten unter anderem DIN EN 12464 (Arbeitsplätze) und ISO/CIE 8995-1; für nicht-visuelle Messgrößen gelten CIE S 026:2018 und DIN/TS 5031-100. Die photobiologische Sicherheit wird durch EN 62471/IEC 62778 geregelt. Diese Normen gewährleisten Vergleichbarkeit und Messbarkeit.

  • Von Ev zu mEDI: In der Praxis wird die photopische EV des Auges bestimmt, die spektrale Leistungsdichte (SPD) am Messpunkt erfasst oder aus bekannten Spektren abgeleitet und anschließend mithilfe der optischen Alpha-Gewichtung in mEDI umgerechnet. Die MDER ermöglicht eine schnelle Abschätzung: mEDI ≈ Ev × MDER.

  • EML vs. mEDI: Wenn EML erforderlich ist, sollte geprüft werden, ob eine bevorzugte Metrik (mEDI gemäß CIE S 026) oder eine definierte Umrechnung akzeptiert wird. Für eine konsistente Projektkommunikation wird mEDI als primäre Metrik empfohlen; EML kann als ergänzende Information bereitgestellt werden.

  • Widersprüchliche Ziele und Balanceakte: Hohe mittlere Lichtintensitätswerte (mEDI) am Morgen dürfen nicht zu unakzeptabler Blendung oder Farbverzerrung führen. Die abendliche Reduzierung der melanopischen Komponenten muss gleichzeitig eine ausreichende visuelle Erkennbarkeit gewährleisten. Die Optimierung umfasst daher neben mEDI/MDER auch die Steuerung von UGR, Luminanz, Farbwiedergabe und Flimmern.

Wichtigste Erkenntnisse für die praktische Anwendung

  • Messen und planen Sie vertikal auf Augenhöhe – nicht nur horizontal auf der Arbeitsfläche.

  • Verwenden Sie spektrale Parameter (mEDI, MDER) anstelle der CCT als Ersatz.

  • Definieren Sie tageszeitliche Profile, die die Nutzung und Benutzergruppen berücksichtigen.

  • Die Einhaltung der Normen für visuelle Beleuchtung sicherstellen und diese durch gezielte nicht-visuelle Zielwerte ergänzen.

  • Die Ergebnisse werden durch Simulation und In-situ-Messung mit dokumentierter Messgeometrie und Spektren verifiziert.

Hinweis:

Diese Grundlagen bilden den technischen Rahmen für die nachfolgenden Kapitel über Zielwerte, Planungs- und Steuerungskonzepte sowie Verifizierungsverfahren.

Gesundheitsfördernde Beleuchtung lässt sich nur dann zuverlässig planen und überprüfen, wenn visuelle und nicht-visuelle Zielparameter klar definiert und messbar sind. Folgende Kennzahlen bilden den Kern:

  • Vertikale Beleuchtungsstärke am Auge (Ev, Auge): Photopische vertikale Beleuchtungsstärke in Lux auf der Hornhautebene in typischer Blickrichtung (sitzend ca. 1,2 m, stehend ca. 1,5 m über dem Boden). Sie ist der primäre Referenzwert für nicht-visuelle Effekte, da die intrinsisch photosensitiven retinalen Ganglienzellen (ipRGCs) das auf das Auge treffende Licht integrieren.

  • Melanopische äquivalente Tageslichtbeleuchtungsstärke (mEDI): Alpha-optisch gewichtete D65-Äquivalenz in Lux für den melanopischen Kanal gemäß CIE S 026. Sie beschreibt den potenziellen zirkadianen und akuten Wachheitseffekt eines Lichtspektrums auf das Auge. Näherung: mEDI ≈ Ev × MDER.

  • Melanopisches Tageslicht-Wirksamkeitsverhältnis (MDER): Verhältnis des mittleren Tageslichtverbrauchs (mEDI) zum photopischen EV einer Lichtquelle oder eines Mischlichts (dimensionslos). Das MDER hängt ausschließlich vom Spektrum ab und ermöglicht schnelle Schätzungen der melanopischen Wirksamkeit pro Lux.

  • EML (Äquivalente melanopische Lichtstärke): Ein historisch weit verbreiteter Parameter, der konzeptionell mit mEDI verwandt ist. mEDI wird für Planung und Verifizierung bevorzugt; EML kann bei Bedarf zusätzlich angegeben werden.

  • Spektrale Leistungsverteilung (SPD): Wellenlängenabhängige Leistungsdichte der Lichtquelle(n). Sie bestimmt MDER, Farbwiedergabe und visuelle Wahrnehmung. Für die Berechnung von mEDI ist die SPD am Auge entscheidend.

  • Korrelierte Farbtemperatur (CCT) und Duv: CCT beschreibt die wahrgenommene Farbe; Duv die Abweichung von der Planck-Kurve (grünlich-rosa). CCT ist kein zuverlässiger Indikator für mEDI/MDER, bietet aber einen intuitiven Kontrollparameter für tageszeitliche Schwankungen.

  • Farbwiedergabe: Traditionell über Ra (CRI) und R9, alternativ differenzierter über TM-30 (Rf, Rg). In gesunden Umgebungen gilt ein Ra-Wert ≥ 80 als Basiswert, oft mit einem erhöhten R9-Wert (≥ 50) oder einem TM-30-Wert von Rf ≥ 80 und einem Rg-Wert im Bereich von 95–105.

  • Zylindrische Beleuchtungsstärke/vertikale Lichtverteilung: Unterstützt die Gesichtserkennung und die visuelle Kommunikation; indirekt auch die Qualität der vertikalen Beleuchtung.

Hinweis:

Diese Parameter haben nur dann eine sinnvolle Wirkung, wenn sie kombiniert werden: Ev, eye und MDER bestimmen mEDI; SPD formt MDER und die Farbwiedergabe; CCT-Gradienten strukturieren den Tagesrhythmus, ohne die spektrale Qualität zu beeinträchtigen.

Gestaltungsregeln für die Praxis

  • Beziehen Sie vertikale Lichtelemente in Ihre Planung mit ein; positionieren Sie die Leuchten so, dass das Licht das Auge in typischen Blickrichtungen erreicht.

  • Kontrollieren Sie nicht nur die Farbtemperatur (CCT), sondern auch die spektrale Wirksamkeit über den gesamten Tag (MDER-Zielbänder).

  • Definieren Sie tägliche oder schichtbezogene Profile mit reibungslosen Übergängen und klaren Prioritäten in Bezug auf Tageslicht.

  • Stellen Sie sicher, dass Farbwiedergabe und UGR parallel ausbalanciert sind; ein hoher mEDI-Wert ist keine Lizenz für visuelle Kompromisse.

  • mEDI/MDER durch Simulation und Messung verifizieren; Szenen und Messpunkte für die Abnahmeprüfung dokumentieren.

Hinweis:

Diese Zielkennzahlen, Zusammenhänge und Zeitprofile ermöglichen eine solide Planung, technische Umsetzung und objektive Überprüfung der beabsichtigten gesundheitlichen Auswirkungen der Beleuchtung – als Grundlage für die raum- und nutzungsspezifische Ausarbeitung in den folgenden Kapiteln.

Zu den Schlüsselelementen gehören:

  • Mehrkanalige Beleuchtungssysteme (einstellbares Weißlicht oder spektral erweiterte Mischungen) mit definierter Leuchtdichteverteilung und Blendungsbegrenzung.

  • Zeit- und ereignisbasierte Steuerung von circadianen Profilen (Helligkeit, CCT und spektrale Effektivität) in Verbindung mit Tageslicht- und Anwesenheitslogik.

  • Mess- und Kalibrierungsverfahren zur Ableitung oder Sicherung von Ev am Auge und mEDI/MDER.

  • Offene Schnittstellen (z. B. DALI-2, KNX, BACnet) für Integration, Überwachung, Fehlermeldungen und Betriebssicherheit, einschließlich Sicherheits- und Nachtmodus.

Abschluss

Technische Exzellenz in der gesundheitsfördernden Beleuchtung entsteht durch die konsequente Integration von einstellbarer Weißlichttechnologie, spektral fundierten Steuerungsalgorithmen und präzise positionierten Sensoren – alles innerhalb eines robusten, interoperablen Gebäudeautomationssystems. Entscheidend hierfür sind klar definierte Prioritäten, sanfte Übergänge, zuverlässige Eingriffsmöglichkeiten sowie reproduzierbare Mess- und Kalibrierungsprozesse. So wird sichergestellt, dass zirkadiane Rhythmen zuverlässig in den Gebäudebetrieb integriert werden, ohne Kompromisse bei Sehqualität, Sicherheit oder Energieeffizienz einzugehen.

Systemintegration und Schnittstellen

  • DALI-2/EN 62386 für Leuchten, Sensoren und Steuergeräte; GA/BMS-Integration über BACnet/KNX/Modbus. NTP-Zeitbasis.

  • Objekt- und Datenpunktliste (Soll-/Istwerte, Szenen, Fehler, Energiekanäle, Alarm-/Überschreibungsflags).

  • Cybersicherheit: Rollen-/Rechtekonzept, Protokollierung, Netzwerksegmentierung, verschlüsselte Dienste. DSGVO-konforme Implementierung (Datenminimierung, Aufbewahrungsfristen, Datenschutz durch Technikgestaltung).

Not- und Sicherheitsbeleuchtung

  • Planung und Überprüfung gemäß EN 1838; Trennung der elektrischen/steuerungstechnischen Komponenten von der Steuerungsbeleuchtung.

  • Nachtfreundliche Leitlichtkonzepte in Schlaf-/Ruhezonen; definierte Schaltzeiten, automatische Testprotokolle (EN 50172/ISO 30061).

Photobiologische Sicherheit

  • Nachweis der Risikogruppe gemäß EN 62471/IEC 62778 für relevante spektrale/CCT-Worst-Case-Konfigurationen; Kennzeichnung und Mindestabstände, falls erforderlich.

Energieeffizienz

  • Nachweis der LENI gemäß EN 15193-1 (Annahmen, Betriebsprofile, Anwesenheits-/Tageslichtnutzung).

  • Dokumentieren Sie die Standby-Leistungsbudgets (W/Licht, W/Zone) und die Teillasteffizienz der Treiber.

Messplan und Protokolle beifügen:

  • Ev (Auge) und Eh an definierten Punkten/Geometrien; Szenen und Tageszeiten.

  • SPD/CCT/Δu’v’ → mEDI/MDER; UGR berechnet, HDR-Luminanzbilder in kritischen Betrachtungsrichtungen; DGP-Tests stichprobenartig durchgeführt.

  • Flicker Pst LM/SVM unter High/Mid/Low Dimmung, einschließlich Übergängen; Notbeleuchtungsmessungen nach EN 1838.

Toleranzen (Richtwerte, projektspezifisch festzulegen):

Ev/Eh ±15 %, mEDI ±20 %, CCT ±150 K oder Δu’v’ ≤ 0,004, DGP ±0,05.

Ist-Zustand:

  • Pläne (Leuchten, Sensoren, Beschattung), DALI-Adress- und Gruppenpläne, Szenen-/Zeitplandefinitionen, LUTs (CCT/MDER/Dimm), Parametrisierung (Hysterese/Rampen), Schnittstellenobjektlisten.

  • Messprotokolle (Ev/Eh, SPD/mEDI, UGR/HDR, DGP, Pst LM/SVM, EN 1838), Kalibrierungszertifikate.

  • Wartungs- und Wiederinbetriebnahmeplan, Ersatzteil-/Obsoleszenzkonzept, Dokumente zum Cyber-/Datenschutz.

Ausbildung:

  • Bedienung (Szenen, Überschreibungen, automatische Rückkehr), FM-Dashboards/KPIs, Fehlermanagement, Notbeleuchtungsprozesse. Kurzanleitungen für Benutzergruppen.

Qualität, Garantie, Service

  • Funktionale Garantie für Profile/Steuerung; Definition von Garantiezeiträumen und Reaktionszeiten (MTTR).

  • Optionaler Service-/Wartungsvertrag: regelmäßige Kalibrierung, KPI-Berichte, Wiederinbetriebnahme.

  • Abweichungsmanagement: dokumentierte Korrekturmaßnahmen bei Nichteinhaltung der Zielwerte.

Hinweis

Bieter müssen die Gleichwertigkeit und Konformität ausschließlich anhand der geforderten funktionalen und messbaren Kriterien nachweisen; herstellerbezogene Alternativen ohne nachgewiesene Gleichwertigkeit werden ausgeschlossen.

Integrationsgrad:

  • Nur Raumautomation, geringe Komplexität → Standalone-DALI-2-Controller, lokale Szenen/Fallback.

  • Gebäudeweite Überwachung/KPIs, Alarme → GA/BMS-Integration (BACnet/KNX), zentrale Zeitdienste, Dashboards.

Cyber/DSGVO:

  • Ist eine persönliche Identifizierung möglich (Anwesenheit/Belegung)? Ja → Datenschutz-Folgenabschätzung, Datenminimierung, Rollen/Rechte, Protokollierung.

  • Definition für Server-/Gateway-Ausfälle (z. B. „Standard-Tag“; „Nacht-Service“ bei Wartungsarbeiten).

Sicherheit, Nacht und Notfall

  • Ist die Nachttauglichkeit relevant? Schlaf-/Pflegebereiche → Geführtes Licht, mEDI < 10–20 lx, CCT 2200–2700 K, gerichtete Optik, automatische Rückkehr nach Eingriffen in die Pflege.

  • Not-/Sicherheitsbeleuchtung: Verpflichtungen nach EN 1838? Ja → Trennung von elektrischen und steuerungstechnischen Anlagen, dokumentierte Schaltzeiten, Testbetrieb.

  • Alarm-/Sonderbetrieb: Kritische Prozesse/Kontrollzentrum → Überschreiben mit höchster Priorität, definierten Rückgabebedingungen, redundantem Pfad.

Entscheidungsbaum: Verifizierung, Abnahme und Überwachung

  • Simulationsnachweis: EN 17037 (DA/UDI/DGP) + Ev(Auge)/mEDI-Zeitprofile + UGR; LENI-Prognose.

  • Messnachweise: Ev/Eh, SPD→mEDI, HDR/UGR, DGP‐Sample, Pst LM/SVM; Toleranzen definieren.

  • Betrieb/Überwachung: KPIs (mEDI-Konformität, Eh-Konformität, Flimmern, Energie, Störungen) in BMS/CAFM; Wiederinbetriebnahmeplan.

Pfadbeispiele (kompakt)

  • Neubau – Büro mit viel Tageslicht: Fassaden-/Kernzonen, 2-Kanal-TW (moderates MDER) + direkt/indirekt, DGP-gesteuert; GA-Integration mit KPIs; morgendlicher Boost durch MDER-Optimierung.

  • Nachrüstung – Pflegestation: Standalone DALI-2, vorkonfigurierte Szenen („Morgen/Abend/Nacht/Pflege“), Führungslicht; Spektralprobe für MDER-LUT; späteres Gateway optional.

  • Kontrollzentrum rund um die Uhr: 3-Kanal-TW, UGR ≤ 19, strenge Flimmergrenzen; Schichtprofile mit Vorab-Abschaltrampe; doppelte Fallbacks (lokal/zentral), Alarmüberschreibungen.

Go/No-Go-Kriterien

  • UGR/DGP innerhalb der Grenzwerte; Pst LM ≤ 1,0, SVM ≤ 0,9; EN 62471/IEC 62778 Worst-Case erfüllt.

  • Das mEDI-Zeitfenster ist erreichbar (Simulation) und plausibel messbar (Modell).

  • Notbeleuchtung EN 1838 nachweislich getrennt; sichere Zustände geprüft.

  • DSGVO-Konzept für Sensoren verfügbar; Schnittstellen-/Objektlisten vollständig.

Hinweis:

Diese Entscheidungslogik reduziert Projektrisiken, beschleunigt die Auswahl geeigneter Systeme und gewährleistet die Erfüllung der Gesundheits-, Sicherheits- und Betriebsanforderungen.

Kernaussagen

Gesundheitsfördernde Beleuchtung lässt sich planen, messen und betreiben, wenn visuelle Qualität, nicht-visuelle Wirksamkeit und Betriebssicherheit integriert berücksichtigt werden.

Folgende Aspekte sind dabei entscheidend:

  • Vertikale Beleuchtungsstärke am Auge als primärer Referenzparameter, gekoppelt mit spektralen Metriken (mEDI/MDER) anstelle von bloßen CCT-Heuristiken.

  • Normenkonformität der visuellen Beleuchtung (DIN EN 12464, EN 1838), Flimmergrenzwerte (Pst LM/SVM) und photobiologische Sicherheit (EN 62471/IEC 62778) als unveränderliche Leitplanken.

  • Tageslicht als grundlegende Ressource, integriert über EN 17037, DGP-gesteuerte Beschattung und künstliches Licht-Tracking.

  • Steuerung mit klarer Prioritätslogik (Zeitprofile, Tageslicht, Anwesenheit, Überschreibungen), sanften Übergängen und robusten Ausweich-/Sicherheitsmodi.

  • Qualitätssicherung über den gesamten Lebenszyklus durch Inbetriebnahme, Messverifizierung, Überwachung und Wiederinbetriebnahme.

Zieldefinition:

  • Definieren Sie messbare Zielkorridore für Ev (Auge), mEDI/MDER, Eh, UGR, Farbwiedergabe und Flimmern für jeden Raum/Nutzungstyp; definieren Sie tägliche oder schichtbezogene Profile

Entwurf:

  • Vertikale Lichtkomponenten (Wand-/Deckenbeleuchtung, direkte/indirekte Komponenten) bewusst planen, UGR-Budgets einhalten und gleichzeitig die Farbwiedergabe (Ra/TM-30) sicherstellen.

  • Richten Sie die Strategie für abstimmbares Weiß auf den erforderlichen MDER-Bereich aus (2 Kanäle für moderate, 3-5 Kanäle für hochdynamische/farbkritische Bereiche).

Tageslichtintegration:

  • Fassadenzonen differenzieren; DGP-gesteuerte Beschattung und Closed-Loop-Tracking (vertikaler Proxy) kombinieren.

Beweisfähigkeit:

  • Simulationen für Ev (Auge), mEDI, UGR/DGP, LENI; Modell mit Spektralmessung zur Kalibrierung von LUTs (CCT/MDER/Dimm).

Empfehlungen für den Betrieb und das Facility Management

  • Betriebssicherheit: Definieren Sie Ausweich-/Sicherheitszustände, Alarm-/Wartungsüberschreibungen mit automatischer Rückkehr, Notbeleuchtung strikt getrennt.

  • Qualitätssicherung: KPI-Dashboards (mEDI- und Eh-Konformität, Flimmern, DGP, Energie, Störungen); jährliche Wiederinbetriebnahmen, stichprobenartige Spektralmessungen.

  • Wartung: Reinigung von Optiken/Sensoren, Treiber-/Firmware-Wartung, Ersatzteil- und Obsoleszenzmanagement unter Einhaltung der Farbkonsistenzvorgaben (Δu’v’).

  • Governance: Rollen und Verantwortlichkeiten klar definieren (FM/GA/IT/DSB/Service); DSGVO-konforme Datenspeicherung, Cybersicherheit (Rollen/Rechte, Protokollierung).

Bedeutung von Nachweisen und Einhaltung von Standards

  • Evidenz: mEDI/MDER als wissenschaftlich fundierte Leitlinien, nicht als Ersatz für medizinische Therapien, sondern als gesundheitsfördernde Umweltfaktoren.

  • Normen: Visuelle Anforderungen und Sicherheit stellen den Mindeststandard dar; nicht-visuelle Ziele ergänzen diese und werden mit CIE S 026/DIN/TS 5031-100 messbar gemacht.

  • Nachweis: Ohne eine verlässliche Mess- und Dokumentationskette (Ev/Eh, SPD→mEDI, UGR/DGP, Pst LM/SVM, EN 1838) bleibt der Effekt ungewiss und kann nicht überprüft werden.